Laufen & Gesundheit - gehört definitiv zusammen! Daher haben wir dem Experten Dr. med. Axel Klein 10 wichtige Fragen zum Thema gestellt. Welche positiven Auswirkungen hat Laufen auf den Körper? Auf was sollte man beim Lauftraining achten? Und wie ist das eigentlich mit der Ernährung?

Im Interview:
Dr. med. Axel Klein
Facharzt für Orthopädie und Sportmedizin
Vorsitzender des sächsischen Sportärztebundes
Dass Laufen gesund ist, wissen wir. Welche positiven Auswirkungen hat Ausdauertraining auf den Körper?
Regelmäßige Bewegung spielt für die Erhaltung der Gesundheit eine wesentliche Rolle, da die positiven Auswirkungen alle Organsysteme betreffen. Sportliche Aktivitäten beeinflussen Körpersysteme wie Atmung, Herz, Kreislauf, Immunsystem, Muskeln, Nieren, Knochen, Verdauungssystem, Gehirn sowie den Energiestoffwechsel positiv. Viel Bewegung verhindert Gewichtszunahme und Adipositas, verringert das Risiko degenerativer Erkrankungen im Alter, fördert zudem die seelische Ausgeglichenheit und hilft anderen psychischen Erkrankungen vorzubeugen.
Wie viel Sport sollte bzw. darf es denn sein? Hier kursieren ja viele Meinungen – ist ein Lauftraining unter 30 Minuten bereits ein Lauftraining?
Die Vorgaben der WHO liegen bei Kindern und Jugendlichen bei einer Stunde Bewegung am Tag. Bei Erwachsenen wird diese Empfehlung auf 150 Minuten Sport pro Woche reduziert – Was aus meiner Sicht weniger an den wissenschaftlichen Erkenntnissen, sondern vielmehr an den alltäglichen möglichen Zeitfenstern liegt. Grundsätzlich ist jedoch jedes Bewegungstraining erst einmal besser als keines und damit beantwortet sich auch die Frage, ob ein Training bereits unter 30 Minuten sinnvoll sein kann. Ja, es kann sinnvoll sein, speziell bei Anfängern. Auch kommt es dabei auf die Intensität an. Ein sogenanntes HIIT-Training (Hochintensives Intervalltraining) zeichnet sich ja besonders durch seine Kürze und Intensität aus – hier sind 30 Minuten absolut ausreichend und haben einen sehr positiven Effekt.
Auf was sollte man beim Training achten? Wann beginnt Übertraining?
Aus meiner Sicht ist erst einmal ganz wichtig: eine Zielstellung. Training nur um des Trainingswillen zu machen, ist meistens nicht effektiv. Weiterhin ist es wichtig, sich realistisch einzuschätzen. Kann ich das von mir gesteckte Ziel mit meinen zeitlichen Ressourcen und in Verbindung mit meinem normalen Tagesablauf überhaupt erreichen? Habe ich ausreichend Erholung? Ausreichend Schlaf? Kommt die Familie nicht zu kurz? So ist es für die Frage des Übertrainings ganz entscheidend, was man noch drum herum macht. Die Balance zwischen allen Lebensbereichen ist wichtig und die Erholung darf nie zu kurz kommen. In der Diagnostik eines Übertrainings wurden schon viele Laborparameter gemessen, verschiedene Leistungstests bestimmt, aber letztlich noch kein Faktor erkannt, der ein Übertraining sicher beweist. Jedoch kann man Übertraining auch schon daran erkennen, wenn das Training plötzlich keinen Spaß mehr macht oder trotz Intensitäts- oder Umfangssteigerung keine Verbesserung der Leistung eintritt.
Beim Laufen funktioniert auch viel über den Willen. Ab wann sollte man aber sagen: Okay, bis zu dieser Grenze und nicht weiter?
Ganz wesentlich ist dabei die Schmerzgrenze. Es gibt zwar kaum einen Leistungssportler, der nicht über die Schmerzgrenze geht – aber das sollte für den Breitensportler nicht der Fall sein. Gegen Schmerz anzulaufen macht keinen Sinn. Schmerztabletten während des Trainings verbieten sich aus sportmedizinischer Sicht damit. Auch hier kommt wieder der Begriff Übertraining ins Spiel – muss ich mich zum Training zwingen oder anders herum, kann ich nur noch ans Training denken und habe Probleme damit, meinem Körper Ruhephasen zu gönnen, sind dies auch Hinweise darauf, dass man sich an einer Grenze bewegt. Weiterhin sollte man sein Training ebenfalls überdenken, wenn man zunehmend anfällig für Infekte wird – dies ist oft ein Zeichen für mangelnde Regeneration und ebenfalls ein Hinweis darauf, dass man sein Trainingspensum anpassen sollte.
Empfehlen Sie einen Gesundheits-Check-Up? Wann und wie oft?
Unbedingt. Ab dem 35. Lebensjahr auf jeden Fall. Ebenso beim Wiedereinstieg oder nach schweren Erkrankungen. Auch empfiehlt sich eine Sporttauglichkeitsuntersuchung vor großen Zielen, welche mit einem erhöhten Trainingspensum verbunden sind, wie zum Beispiel ein Marathonlauf. Viele Krankenkassen unterstützen und fördern eine solche Untersuchung aller 2 Jahre.
Aktuell ist ja wieder klassische Schnupfenzeit. Was tun wenn sich eine Erkältung anbahnt? Wie lang sollte die Laufpause nach einer Erkältung sein?
Grundsätzlich ist zu unterscheiden: hat man ein wenig Schnupfen oder hat man Fieber. Bei Fieber sollte grundsätzlich kein Sport gemacht werden. Bei leichtem Schnupfen kann man abwägen und vor allem auch auf den allgemeinen Zustand schauen. Leichte Trainingseinheiten sind da sicherlich möglich – intensive Einheiten oder Belastungen unter extremen, zum Beispiel Witterungsbedingungen, sollten vermieden werden. Bei Fieber ist es wichtig, dass man mindestens drei Tage fieberfrei ist, bevor man wieder mit leichtem Training beginnt. Bei einer schweren Erkältung empfiehlt sich mindestens eine Laufpause von sieben Tagen nach dem Abklingen der Symptome, um dem Körper genügend Regeneration zu geben.
Was hat es mit der sogenannten Überwässerung auf sich? Was ist bei der Ernährung während eines Laufes zu beachten?
Ich denke, dass die Ernährungsfrage für die meisten Breitensportler eine sehr spannende ist und bei der großes Steigerungspotential besteht. Wichtig dabei: die Zielstellung und was will man erreichen. Es macht keinen Sinn, abnehmen und dabei gleichzeitig eine Leistungssteigerung herbeiführen zu wollen. Auch spielt die Länge des Laufes eine entscheidende Rolle bei der Frage, ob während des Laufes / des Wettkampfs Nahrung zugeführt werden sollte. Bis zum Halbmarathon unter zwei Stunden braucht der Körper normalerweise keine Nahrung. Läuft man länger, sollte man schnell verfügbare Kohlenhydrate (zum Beispiel in Form eines Gels) während des Laufes zuführen – wichtig: im Training testen und schauen was dem Körper guttut und bekömmlich ist.
Weiterhin empfehle ich während des Laufs nicht nur klares Wasser zu trinken, sondern auf isotonische bzw. etwas hypotone Getränke zurückzugreifen – das kann die klassische Apfelschorle oder auch das Sportgetränk sein. Damit kann eine Überwässerung vermieden werden – eine Überwässerung entsteht, wenn sich eine Ungleichheit zwischen den gelösten Elektrolyten im Blut und im Darm (durch die hohe Aufnahme von reinem Wasser ohne Elektrolyten) aufbaut und somit Elektrolyte aus dem Blut herausgezogen werden. Maßgabe sind hierbei aus meiner Sicht aber auch immer die äußeren Bedingungen – ist es zum Beispiel sehr warm, sollte mehr Flüssigkeit beim Lauf aufgenommen werden.
Nach dem Lauf – Dehnen & Muskelkater? Was sollte man tun?
Muskelkater zeigt erst einmal eine ungewohnte Belastung des Körpers an und man geht davon aus, dass Muskelkater durch Reparationsmechanismen kleinster Verletzungen in den Muskelfasern begründet wird. Was man definitiv nicht machen sollte: mit Schmerzmitteln arbeiten. Diese bremsen die Entzündungsreaktion und jede Regeneration entspricht ja einer leichten Entzündung. Mit dem Einsatz von Schmerzmitteln bremst man somit die Regenerationsfähigkeit.
Tipp meinerseits: schnell wieder Flüssigkeit zu sich nehmen, ausreichend Ruhe gönnen, leichtes dehnen und bewegen – idealerweise unter Einbeziehung von Wärme, jedoch kein intensives Stretchen. Weiterhin hat sich der Einsatz von Kompressionsstrümpfen während und bis zu einer Stunde nach dem Lauf für mich als sehr positiv herausgestellt.
Laufen wird oft als Ausgleich zum Alltag beschrieben – sollte es aber einen Ausgleich zum Ausgleich geben, wie zum Beispiel alternatives Training?
Auf jeden Fall. Triathleten sind für mich da immer ein positives Beispiel – wobei nun nicht gleich jeder mit dem Triathlon starten muss. Was man aber auf alle Fälle berücksichtigen sollte, ist die Rumpfstabilität und das Nichtvergessen des Oberkörpers. Als grobe Richtlinie bietet sich hier an: auf drei Ausdauereinheiten sollte eine Krafteinheit kommen und dann lieber einmal eine Ausdauereinheit zugunsten einer Krafteinheit weglassen. Ansonsten gilt: Abwechslung ist immer gut – Radfahren und Schwimmen sind klassische und gute alternative Trainingseinheiten.
Zu guter Letzt: Was würden Sie unseren Läufern gern noch mit auf den nächsten Lauf geben?
Geht motiviert an den Start, mutet euch nicht zu viel zu – gesundes Ankommen ist viel wichtiger als eine neue Bestzeit. Geht mit einem Lächeln durchs Ziel und habt Spaß!