Alle "richtigen" Laufveranstaltungen sind aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt. Anstelle dessen treten so genannte Virtual Runs – aber was ist das eigentlich und ist es wirklich genauso wie eine reale Laufveranstaltung?
Ich habe mit meinem Freund den Test gemacht. Er hat an den zwei virtuellen Nachtläufen Part 1 und Part 2 mit jeweils 10 km mitgemacht und ich habe ihn mit dem Fahrrad begleitet.
Bei den Virtual Runs ist im Grunde alles genauso wie sonst auch, nur eben etwas anders. Startnummer, Sicherheitsnadeln, Laufshirt, Schlauchtuch – alles per Post geschickt bekommen. Der Lauf kann eigentlich los gehen - Aber wo laufe ich eigentlich lang? Und wann mache ich meinen Lauf? Eine vorgegebene Strecke gibt es nicht, ebenso wenig wie ein festes Datum. Jeder läuft, wo und wann er möchte – sei es zu Hause um den Block, im Park, im Wald, an der Elbe entlang oder um den See. Zeit- und Streckenmanagement scheint also bei den Virtual Runs schonmal von Vorteil zu sein. Mit der Nutzung von verschiedenen Medien, wie beispielsweise Fitnessuhren oder Apps, eigentlich kein Problem. Auch für erfahrene Läufer sollte das Streckenmanagement keine Herausforderung darstellen, denn jeder Läufer kennt mit der Zeit seine Laufstrecken in und auswendig. Für Laufanfänger stell ich mir das Ganze jedoch schon ein wenig herausfordernder vor, denn da gibt es meistens einen ständigen Begleiter – den inneren Schweinehund. Aber wenn nicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, den inneren Schweinehund zu überwinden, wann denn dann? ;) Und ein großer Pluspunkt der Virtual Runs ist natürlich, dass man sich das Datum frei auswählen kann – wer macht schon gerne einen Lauf bei Kälte und Regen? Ich jedenfalls nicht.
Was mir aber persönlich vor allem bei den Virtual Runs fehlen würde, ist die Stimmung, die laute Musik und die jubelnden Menschenmassen am Straßenrand. Als Leichtathletin war ich mehrere Jahre im Leistungssport tätig und für mich gehört dieses Kribbeln im Bauch während eines Wettkampfes und die Aufgeregtheit kurz vor dem Start einfach dazu – ich bin eben eine Wettkampfläuferin. Natürlich spielt da mit Sicherheit auch rein, dass längere Laufdistanzen nicht ganz zu meinen Lieblingsdisziplinen gehören und ich den Ansporn von den Zuschauern brauche, um meinen persönlichen inneren Schweinehund leichter überwinden zu können und an meine Grenzen zu gehen.
Mein Freund hingegen liebt es zu laufen. Er braucht kein Publikum, keine Musik am Straßenland und Menschen, die ihm zujubeln und ihn motivieren – zumindest nicht bei 10 km. Deshalb hat er sich dazu entschieden, an den beiden Virtual Runs teilzunehmen, die die beiden Nachtläufe in Chemnitz und Leipzig ersetzen. Vor allem auch, weil unser Halbmarathon Ende April leider abgesagt werden musste.

Also los geht´s zum Virtual Run Part 1. Wir sind am 13. Mai um 18 Uhr gestartet – direkt nach dem Feierabend. Sportklamotten an, Startnummer anpinnen und ab auf die Laufstrecke. Da wir regelmäßig laufen gehen, war es für uns nicht schwierig, eine geeignete 10 km Runde zu finden - wir haben uns für eine Strecke an der Elbe entlang entschieden. Noch ein großer Pluspunkt der Virtual Runs – man kann sich für seinen Lauf seine persönliche Lieblingsstrecke raussuchen und muss nicht die vom Veranstalter vorgegebene Strecke laufen – vorausgesetzt man kennt seine Umgebung und weiß, wo man lang laufen kann ;)
Meinen Freund habe ich wie gesagt mit dem Fahrrad begleitet, um einerseits die Strecke und Zeit zu tracken und andererseits als mentale Stütze dabei zu sein. Letzteres war dabei für ihn ausschlaggebend, sich der Herausforderung, eine neue Bestzeit laufen zu wollen, zu stellen.
Part 2 haben wir in Bad Homburg gemacht – wir sind am Sonntag, den 17. Mai, um 10 Uhr gestartet. Der Tagesablauf war diesmal fast wie vor jedem Wettkampslauf – ein reichhaltiges Powerfrühstück, eine kurze Verdauungspause, ab in die Sportklamotten, Startnummer anpinnen und raus an die frische Luft. Der große Vorteil – wir mussten keine Zeit einplanen, um rechtzeitig auf irgendeinem Parkplatz Nähe der Laufstrecke oder bei der Startnummerausgabe zu sein. Also ausschlafen ist bei den Virtual Runs auf jeden Fall schon mal kein Problem! Es gibt auf den Strecken zwar keine Versorgungsstationen – aber bei 10 km ist das kein Problem, vor allem weil man nach dem Lauf ja direkt wieder zu Hause ist und sich stärken kann. Ein weiterer Vorteil der Virtual Runs – Die Wochenenden können frei geplant werden, unabhängig von fest terminierten Laufveranstaltungen, denn laufen kann man ja bekanntlich in jeder Stadt. Internationale Wettkämpfe wären durch die Virtual Runs also kein Problem. Da wir in Bad Homburg jedoch noch nicht oft laufen waren, mussten wir uns die Laufstrecke am Vortag bei Google Maps grob raussuchen – bisschen mehr Aufwand, als wenn man einfach an die Startlinie treten kann, aber an sich auch recht fix gemacht - vorausgesetzt man ist bereit die Zeit zu investieren.
Eine neue Bestzeit ist bei den beiden Läufen jedoch leider nicht rausgesprungen – da fehlte wohl doch ein wenig das Wettkampffeeling.
Aber das Laufen an sich ist natürlich längst nicht alles, was die virtuellen Läufe zu bieten haben. Natürlich gehören zu jedem Lauf noch eine personalisierte Urkunde und eine wohlverdiente Medaille dazu! – auch die gibt es per Post in einem zweiten Paket nach Hause geschickt. Fertig ist der Virtual Run!
Was ist also unser Resümee – sind virtuelle Läufe genauso wie reale Laufveranstaltungen und bieten sie einen guten Ersatz?
Für meinen Freund ist vor allem die Flexibilität sowie das Aussuchen der eigenen Lieblingsstrecke ein großer Vorteil der Virtual Runs – man kann eben laufen, wann und wo es einem passt. Was ihm jedoch vor allem fehlt, ist der Wettbewerbsansporn und die anschließende Kommunikation mit anderen Läufern und Läuferinnen im Zielbereich. „Es fühlt sich eher an wie ein Trainingslauf“, so sein Resümee.
Aber selbst, wenn mir persönlich als leidenschaftliche Sportlerin ebenfalls das Wettkampf-Feeling fehlen würde, finde ich es super und die einzig sinnvolle Lösung, aus den abgesagten Laufveranstaltungen Virtual Runs zu machen. Denn sich draußen zu bewegen ist momentan das Beste, was wir in der jetzigen Zeit machen können und Laufen die einfachste Sportart der Welt.
Viele von euch haben mit Sicherheit schon monatelang auf einen nun nicht stattfindenden Wettkampf hingearbeitet oder sich ein anderes persönliches Laufziel gesteckt. Warum also nicht bei den Virtual Runs mitmachen? Warum nicht weiterkämpfen und weiterlaufen – selbst, wenn es nur ein Trainingslauf ist? Warum die Virtual Runs nicht dazu nutzen, den inneren Schweinehund endlich zu überwinden? Es gibt keinen Grund aufzugeben! Und wenn dir dein innerer Schweinehund noch Schwierigkeiten bereiten sollte, dann setz dir für deinen Virtual Run ein fixes Datum, schau dir vorher den Wetterbericht an, suche dir eine Laufstrecke raus, verabrede dich mit einem Laufpartner oder einer Laufpartnerin und los geht´s! :)
In diesem Sinne - #KeepOnRunning - wenn auch erstmal noch virtuell!
Eure Sina vom Team der Laufszene