Wie es nun einmal so ist, verbringen viele Sportler ihren Urlaub bzw. ihre Ferien in Trainingslagern oder bei ähnlichen Sportevents. Für mich ging es diesmal zusammen mit dem Nationalteam des Orientierungslaufes zu Ostern in die Schweiz.
Zuerst starteten wir mit einem intensiven Sprinttraining-Block, denn ab 2019 wird aller 2 Jahre jede Weltmeisterschaft nur aus Sprint- bzw. Walddisziplinen bestehen. So trainierten wir bis zu 3mal am Tag, um uns langfristig darauf vorzubereiten.
Während des Trainings bekommt man als Athlet ja meist wenig von seiner Umgebung mit, denn wir müssen uns immer 100% auf unseren Lauf konzentrieren. Vor dem Training dürfen wir uns das Gelände noch nicht anschauen, um uns keinen Vorteil zu verschaffen. Deshalb nutze ich gern das Auslaufen zum Sightseeing.
Wir hatten das Glück durch sehr viele kleine und hübsche Altstädte nahe des Rheins rennen zu dürfen. Es ist immer schön, wenn man hübsche Gassen oder liebevoll verzierte Häuser entdeckt. Gerade aus solchen Momenten, kann ich unheimlich viel Motivation ziehen. Es ist eben nicht nur Training, sondern ich mache den Sport, weil ich es liebe viel zu reisen und wunderschöne Fleckchen auf der Erde zu entdecken.
Bei einer Entdeckungstour sprach mich ein älteres Ehepaar an und fragte mich, ob ich Orientierungslauf machte. Dies verblüffte mich erst etwas, doch dann realisierte ich, dass ich ja gerade in der Schweiz bin und viele Schweizer Orientierungslauf kennen. Ich freute mich sehr darüber und war zugleich auch traurig, dass mir so etwas in Deutschland wohl nicht passiert wäre. Die Leute hätten mich eher komisch angeschaut und sich gefragt, warum ich wie eine Bekloppte mit einer Karte durch die engsten Gassen sprinte und sie fast von der Treppe schubst, weil ich unbedingt schnell da runter muss.
Nach 4 Tagen und 7 neuen Karten im Gepäck, fuhren wir am Montagnachmittag nach Lugano in ein Hotel, wo wenige Tage zuvor bereits das Schweizer Nationalteam wohnte. Allein das war für mich schon Motivation genug, denn die Schweiz ist eine der Top-Nationen im Orientierungslauf und ich habe viele meiner Vorbilder aus ihrem Team. So freute ich mich also auf den 2. Block, nun größtenteils im Wald.
Der erste Tag startete relativ intensiv und nach 4h Training mit 900 Höhenmetern half meinen Beinen nur noch der Sprung ins kalte Nass unseres Pools, wobei mich der Regen nicht besonders interessierte. Auch die nächsten Tage wurden anspruchsvoll, denn ein Training mit weniger als 350 Höhenmetern hatten wir nicht zu erwarten. Zudem massakrierten die vielen Esskastanien mit ihren Stacheln unsere Hände und Füße, wenn wir uns am Waldboden abstützten oder barfuß Beachvolleyball spielten. Und auch das Wetter meinte es nicht gut mit uns, so mussten wir aufgrund des vielen Regens einige Trainings einkürzen und verlegen.
Doch all das lohnte sich für die Momente, in denen man im Wald auf einem Berg steht, den man sich gerade hoch gekämpft hatte und durch die Bäume hindurch direkten Blick auf den Lago Maggiore hatte. Mein ganz besonders Highlight war jedoch das letzte Langdistanztraining auf dem Cima di Medeglia. Und ja, der Berg machte sich alle Ehre (Cima= ital. Spitze). Wir hatten das unbeschreibliche Glück nach den vielen Regenstunden bei Sonnenschein, blauem Himmel und 15 Grad Celsius auf einem Hochplateau über die Wiesen zu jagen und die atemberaubende Aussicht auf die naheliegenden Gipfel und Täler der Berge zu bewundern. Es war für mich wie in einem Rausch dort zu rennen, denn immer, wenn ich mir Wettkämpfe oder Trainings aus der Schweiz ansah, sah ich genau diese Landschaften. Ich wusste, dass ich irgendwann auch einmal da laufen möchte. Jetzt habe ich es sogar relativ schnell geschafft und es war einfach so viel besser, als es sich nur im PC anschauen zu können, vor allem, weil ich wusste, dass nur 4 Tage später genau an dieser Stelle auch ein Weltmeister wie Daniel Hubmann hier bei seinem letzten Qualifikationslauf für die Heim-EM vorbeikommen wird.
Nach all diesen vielen positiven Emotionen wurde meine Stimmung am Tag darauf jedoch schlagartig gekippt, als ich bei einem weiteren Sprinttraining auf der Treppe umknickte und somit das Trainingslager frühzeitig beendete und auch die Wettkämpfe, auf die wir hingearbeitet hatten nicht absolvieren konnte.
Trotzdem habe ich in diesem Trainingslager auf jeden Fall gefunden, was ich suchte. Denn allein aufgrund solcher Momente weiß ich, wofür es sich für mich lohnt die vielen Trainingsstunden auf meinen bekannten Hausrunden zu absolvieren, jedem Wetter zu trotzen und andere Dinge hintenanzustellen.