Eigentlich sollte es an diesem Sonntag ganz traditionell und typisch erzgebirgisch mit der Familie essen gehen, aber wie das manchmal so ist, muss man sich halt entscheiden und kann nicht alles haben. Da ich sowohl meine Familie, als auch den Sport liebe, war diese Entscheidung für mich mal wieder nicht einfach. Am Ende siegte bei mir jedoch die Neugier.
Also fuhr ich am Samstagfrüh (21. Oktober 2017) gut ausgeschlafen nach Ehrenfriedersdorf zu den Greifensteinen. Jedes Mal, wenn ich dort bin, werde ich an meine Kindheit zurückerinnert, als ich noch auf den kalten Steinrängen saß und gebannt den Geschichten die dort gespielt wurden, lauschte. Diesmal war ich jedoch aus einem ganz anderen Grund da, nämlich um bei der Ausrichtung eines Orientierungslaufes (OL) zu helfen. Und es war nicht nur ein OL, sondern die Sächsische Meisterschaft über die Mitteldistanz. Diese wurde von der Jugendgruppe des USV TU Dresden organisiert, bei dem ich mein Zweitstartrecht habe.
Sächsische Meisterschaft Mitteldistanz
Zuerst kam ich schon etwas gestresst an und fragte, wobei ich denn helfen kann. Daraufhin meinte unser Technikchef, dass ich doch noch mitlaufen könnte. Ich fand das natürlich eine super Idee und zog schnell meine Laufschuhe an, um pünktlich und gut erwärmt zum Start zu kommen. Dort bekam ich dann meine Karte und es ging los mit der Suche nach den bisher unbekannten Kontrollpunkten, die alle irgendwo im Geyrischen Wald standen. Meine einzigen Hilfsmittel waren dabei meine Karte und mein Kompass. Leider machte ich gleich zum ersten Kontrollpunk einen ziemlich großen Fehler, da ich nicht genau genug auf meinen guten Freund den Kompass achtete und zu hektisch losrannte. Meine Motivation war danach dementsprechend erst einmal im Keller. Doch ich kam wieder besser in den Lauf und konnte mich wieder konzentrieren. So langsam holte ich alle Läuferinnen ein, die vor mir gestartet waren und freute mich riesig darüber. Wie sich gleich herausstellen sollte, war das wieder ein ziemlicher Fehler. Ich war so mit meinen Glücksgefühlen beschäftigt, die natürlich noch durch den tollen Herbstwald beflügelt wurden, dass ich gleich wieder den nächsten Fehler machte. Na toll.
Also hieß es wieder kämpfen. Leider passierten mir auch im 2. Teil der Strecke immer wieder kleinere Fehler. Als ich dann am letzten Posten angekommen war, erwarteten mich dort zwei kleine Kinder, die mich liebevoll anfeuerten und meine schlechte Laune über den Lauf aufhellten. Im Ziel angekommen hieß es dann, dass ich den Lauf gewonnen hatte. Aber so richtig stolz konnte ich darauf rückblickend auf den Rennverlauf nicht sein.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, machte ich mich auch erst mal an die Aufgabe des Helfers und zeigte den kleinen Kindern beim Kinder-OL, wie sie die Posten finden können. Ganz stolz kamen sie alle aus dem Wald zurück und freuten sich natürlich über die kleine Belohnung in Form vom Süßigkeiten.
Vorbereitungen für den nächsten Tag
Am Nachmittag und Abend waren wir dann alle damit beschäftigt den 2. Wettkampf (Vielposten_OL) für den nächsten Tag vorzubereiten. Bei leichtem Regen ging es nochmal in den Wald, um einige Kontrollpunkte bereits an ihren richtigen Platz zu stellen. Das stellte sich als teilweise sehr kompliziert heraus, denn nicht umsonst heißt das Erzgebirge ja Erzgebirge. Überall war der Boden voller Steine und da lässt es sich halt schlecht Ständer in die Erde schlagen (was für eine Überraschung :))
Am Ende ging zum Glück alles gut und auch die Kontrollstationen, bei denen man sich später registriert, damit der Wettkampfrichter auch weiß, dass man wirklich dort war, waren nach mehrmaligem verzählen/ vertippen auf dem Computer endlich einsatzbereit, was bei einer Anzahl von 128 schon eine Weile dauern kann.
Am späten Abend ging es also in unsere gemütliche Hütte, zusammen mit 20 weiteren Leuten auf den Dachboden im Bettenlager zum Schlafen.
11,5km 109 Posten
Am Sonntag klingelte unser Wecker bereits 6:15 Uhr. Total müde standen wir alle auf und machten uns, nach einem ausgiebigen, aber etwas beengten Frühstück, mehr oder weniger tatendurstig an unsere Vorbereitungen. Ich half beim Zielaufbau - das hieß Banner aufhängen, Wasserkanister schleppen (wieso haben Läufer nicht so viele Armmuskeln?) und Zieleinlauf abspessen. Und bei den Vorbereitungen für das Mittagessen und die Verpflegung der Wettkämpfer.
Danach begab ich mich selbst in meine Sportsachen. Denn am Abend zuvor wurde ich dazu überredet, doch noch die lange Strecke zu laufen. Also gut. Ich war vorher noch nie so lang an einem Stück in einem Wettkampf gelaufen und gleich gar nicht mit 109 Kontrollpunkten. Das bedeutet Stress pur für das Gehirn und die Beine. Doch am Start sah ich es noch ziemlich gelassen, da ich es ja nur zum Spaß machte. Bei einer Frauenbeteiligung von 8 Frauen zu 63 Männern hatte ich ja nicht so viel zu erwarten. Also ging es los, bei recht kühlen Temperaturen, aber strahlendem Sonnenschein und somit perfektem Laufwetter. Ich kam leider wieder nicht gut rein und wurde gleich an Posten 5 von dem 1min hinter mir Startendem eingeholt. Erst war ich deshalb etwas enttäuscht, doch es stellte sich im Laufe des Rennens als sehr angenehm heraus, denn wir motivierten und halfen uns gegenseitig und ich hatte sofort einen direkten Vergleich bei kleineren Routenwahlen. Mal machte der er eine einen Fehler und mal der andere - und wenn wir uns dann später wieder trafen, grinsten wir uns an und wussten, dass der andere gerade mal wieder etwas von der Idealroute abgekommen war.
Nach der Hälfte der Strecke gab es dann einen Getränkepunkt bei dem ich mir eine kurze Pause gönnte. Mit neuem Elan ging es weiter auf die Suche. Posten für Posten arbeitete ich mich vor. Jedes Mal musste man sich zu 100% neu konzentrieren. Ich stellte so langsam fest, wie mein Verfolger immer weiter nachließ und am Berg abreißen lassen musste. Also ging es für mich nun alleine weiter. Ich merkte auch, dass ich immer häufiger kleinere Fehler machte und auch meine Kraft nachzulassen schien. Bei Posten 100 freute ich mich sehr, dass es jetzt gleich vorbei sein würde.
Im Ziel angekommen war ich einfach mega stolz auf mich, dass ich es endlich geschafft hatte und auch keinen Kontrollpunkt vergessen hatte. Im Endergebnis hieß das für mich: Platz 22 und somit beste Frau. Damit kann ich wirklich zufrieden sein, auch wenn natürlich wieder Platz nach oben war. Sofort stand für mich fest, dass ich das das nächste Jahr unbedingt wieder machen möchte!
Danach machte ich mich wieder an die Arbeit als Organisator und holte am späten Nachmittag noch einmal die letzten Kontrollpunkte wieder aus dem Wald. Als ich am Abend um 21 Uhr dann endlich wieder zu Hause ankam, fiel ich nur noch total müde und zufrieden in mein Bett und freute mich auf den erholsamen Schlaf.
1 Kommentar
Jörg
09. November, 2017 um 20:08Hallo Hanni, danke für diesen tollen Artikel über die schönste und aufregendste Sportart der Welt. Ich hoffe, dass einige Leser hierdurch motiviert werden, unsere Sportart einmal auszuprobieren. Bei jedem Wettkampf gibt es auch Strecken für Anfänger. Termine hierfür können unter orientierungslauf.de eingesehen werden.